Im Focus – Die zehn häufigsten bakteriellen Erreger lebensmittelbedingter Erkrankungen

Pathogene Keime sind Mikroorganismen, die Krankheiten hervorrufen können. Folglich können Lebensmittel, die mit diesen Bakterien belastet sind, ein erhebliches Risiko für die Gesundheit darstellen. Die Kontrolle der Lebensmittel ist für die Einhaltung der Lebensmittelsicherheit somit unerlässlich. Lebensmittel, die mit pathogenen Keimen belastet sind, stellen ein Gesundheitsrisiko dar und können eine Lebensmittelvergiftung auslösen.

Zu den zehn häufigsten Keimen zählen Bacillus cereus, Campylobacter spp., Clostridium botulinum, Clostridium perfringens, Listeria monocytogenes, Staphylococcus aureus und die zur Familie der Enterobacteriaceae gehörenden Cronobacter spp., STEC / EHEC, Yersinia enterocolitica und Salmonella spp. Einige von den genannten Bakterien sind Zoonoseereger, die Infektionskrankheiten von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier übertragen können.

Eine Übersicht der Besonderheiten der wichtigsten Bakterien Bacillus cereus
B. cereus ist ein typisches sporenbildendes Bodenbakterium und ist in der Umwelt weit verbreitet. Der Sporeneintrag von B. cereus in Lebensmittel kann natürlicherweise und technologisch bedingt nicht vollständig vermieden werden. Es kann lebensmittelbedingten Erkrankungen wie Erbrechen und Durchfall verursachen. Schätzungsweise gehen 1,4 bis 12 Prozent der lebensmittelbedingten Ausbrüche auf das Konto von B. cereus. Die Erkrankungen sind in Deutschland nicht meldepflichtig und werden beim Robert Koch-Institut statistisch nicht erfasst. Dementsprechend geben die in der Fachliteratur dokumentierten Daten vermutlich nur einen Teil der tatsächlichen Erkrankungen wieder.

B. cereus kann die Fähigkeit zur Bildung des Toxins Cereulid besitzen. Dieses Toxin kann Erbrechen verursachen. Die Symptomatik tritt häufig wenige Stunden nach Verzehr betroffener Lebensmittel auf. Laut BfR (Stellungnahme 048/2020) muss sich dazu der entsprechende B. cereus-Stamm im betroffenen Lebensmittel bis zum Verzehr vermehrt haben, > 105 KBE/g Lebensmittel. Die Cereulidproduktion erfolgt in der Regel während der exponentiellen Wachstumsphase. Die emetischen Stämme sind Träger des ces-Gens (Cereulid-Synthase Gen). Durchfallartige „Lebensmittelvergiftungen“ können Auftreten, wenn Lebensmittel verzehrt werden, die insbesondere mit Sporen von Bacillus cereus belastet sind. Überstehen Sporen die Magenpassage und gelangen in den Darm, können sie sich dort gegebenenfalls vermehren und Enterotoxine produzieren, die dann den Durchfall verursachen. Die Erkrankungen verlaufen in der Regel milde und erfordern keine medizinische Behandlung. Die European Food Safety Authority (EFSA) empfiehlt, dass Konzentrationen von 103 bis 105 präsumtive Bacillus cereus pro g Lebensmittel nicht überschritten werden sollten. Risikolebensmittel: Erhitzte und meist gegarte Lebensmittel wie Fleisch, Gemüsegerichte, Milchprodukte, Reis und andere stärkehaltige Produkte wie Kartoffeln, Nudeln, Suppen oder Soßen.

Campylobacter spp.
Die Aufnahme von bereits 500 – 104 Campylobacter-Bakterien kann die gastrointestinale Infektion Campylobacteriose verursachen, die häufig mit wässrigen, blutigen Durchfällen einhergeht. Die Campylobacteriose ist die welt-, europa- und deutschlandweit häufigste durch Bakterien dokumentierte lebensmittelbedingte Erkrankung. Campylobacter können sich ausschließlich in ihren warmblütigen Wirten vermehren, nicht aber auf oder in Lebensmitteln. Die meisten Fälle werden im dritten Jahresquartal gemeldet und nach dem festlichen Weihnachtsessen. Risikolebensmittel: Geflügelfleisch, ungenügend erhitztes Hähnchenfleisch, Auftauwasser von TK-Geflügel, Fleisch, Rohmilch.

STEC / EHEC
Pathogenen E. coli werden beim Nachweis in Lebensmitteln Shiga-Toxin bildende E. coli und bei Isolaten aus Patienten Enterohämorrhagische E. coli genannt. Bereits die Aufnahme einer geringen Anzahl < 100 von STEC-Keimen kann zur Erkrankung führen. Wichtigste STEC-Quelle ist der Dickdarm von Wiederkäuern, vor allem Rinder aber auch Schafe, Ziegen und Wildwiederkäuer. STEC sind verhältnismäßig säureresistent und können unbeschädigt die Magenpassage überstehen. Die Bakterien können wässrigen, blutigen Durchfall, das lebensgefährliche hämolytische urämische Syndrom (HUS) und Nierenversagen verursachen. STEC können gegebenenfalls viele Wochen in der Umwelt überleben. Der EHEC / STEC Nachweis und die Bestimmung der Virulenzfaktoren ist nur im Speziallabor möglich. Alle Shigatoxinbildenden E. coli werden als potenziell krankmachend eingeordnet. STEC die den Virulenzfaktor stx2a tragen sind am häufigsten bei HUS, blutigen Durchfällen und Hospitalisation nachzuweisen. Risikogruppe: Kinder und Jugendliche sind am häufigsten betroffen, Ältere, Schwangere, Immungeschwächte Risikolebensmittel: rohes Rindfleisch, Hackfleisch, nicht durchgegarte Hamburger, Rohmilch, Rohmilchkäse, Gemüse, Frischsalate, Sprossen, Kräuter.

Listeria monocytogenes
Die seltene durch Listeria monocytogenes verursachte Erkrankung Listeriose gehört zu den meldepflichtigen Erkrankungen mit der höchsten Letalität. Ausbruchssituationen von invasiver Listeriose werden durch die schwierig zu ermittelnden Infektionszusammenhänge und der langen Inkubationszeit selten bestätigt. Listerien stellen nur geringe Nährstoffanforderungen, und können sich bereits ab -0,4°C vermehren, also auch im Kühlschrank. Die Symptome wie Fieber, Muskelschmerzen sind meist unspezifisch und grippeähnlich, und können nach wenigen Tagen aber auch erst nach zehn Wochen auftreten. Es kann aber auch zu Durchfall und Erbrechen kommen. Bei Schwangeren treten nicht selten unauffällige grippeähnliche Symptome auf. Der Übergang der Infektion auf das ungeborene Kind ist möglich. Bei infizierten Schwangeren besteht die Gefahr der Früh- bzw. Totgeburt. Für Neugeborene ist die neonatalen Listeriose gefährlich und kann zur Meningitis führen (Letalität in Deutschland sieben Prozent). Risikogruppe: Schwangere, Neugeborene, Ältere, Immungeschwächte Risikolebensmittel: Rohes Fleisch, Rohwurst, Rohmilch und Rohmilchkäse, roher und geräucherter Fisch, Fleisch- und Geflügelerzeugnisse, Frischgemüse und klein geschnittene und verpackte Blattsalate.

Salmonella spp.
Salmonellen sind in der Umwelt weit verbreitet und bestens adaptiert für die Vermehrung in Mensch und Tier. Sie können im Darm von Haus- und Nutztieren, Wildtieren, Vögel, Nager, Reptilien und Menschen vorkommen. Salmonellen können die zweithäufigste lebensmittelbedingte Infektionserkrankung Salmonellose verursachen. 1995 wurden noch über 100.000 Fälle registriert. Das effektive EU-weite Salmonellenbekämpfungsprogramm hat zu einer deutlichen Verringerung der Fallzahlen geführt. Von den über 2500 Serovaren der Salmonellen sind ca. 500 Serovare humanpathogen. Mehr als 60 Prozent der Erkrankungen werden allerdings durch Salmonella Enteritidis und S. Typhymurium verursacht. Im dritten Jahresquartal (Spätsommer) werden die meisten Fälle registriert. Vermehren sich die Salmonellen im Lebensmittel bis zu > 105 Keimen kann der Verzehr zu Infektionen führen. In stark fetthaltigen Lebensmitteln wie beispielsweise Schokolade oder Salami können bereits wenige Bakterien (<100) zur Erkrankung führen. Typische Symptome sind Kopf- und Bauchschmerzen, Durchfall, Fieber, Übelkeit, Erbrechen. Risikogruppe: die meisten Fälle treten bei Kindern unter zehn Jahren auf, Ältere, Immungeschwächte, Schwangere. Risikolebensmittel: Rohmilch, rohes Fleisch, Frischeier, nicht ausreichend erhitzte Eier, Gewürze, Auftauwasser von TK-Geflügel, nicht durcherhitzte Backwaren.

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Ausgabe Mai/Juni 2023 „Der Lebensmittelbrief/ernährung aktuell”