Die mikrobiologische Qualität der Raumluft

Bakterien, Hefen oder Schimmelpilze sind natürlicherweise in unserer Umwelt verbreitet. Sie befinden sich in unterschiedlichster Anzahl auch in der Luft und können unter Umständen in Innenräumen Probleme verursachen. Die Gesundheit des Personals kann beeinträchtigt werden und in Lebensmittel produzierenden Betrieben ist es möglich, dass beispielsweise Schimmelpilze über die Luft auf Lebensmittel gelangen.

Um dies zu verhindern oder zumindest zu minimieren, gibt es in nahezu jedem Unternehmen Abluft- und Luftfilteranlagen. Diese Raumlufttechnische Anlagen (RLT) sollten die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Zur Kontrolle sind regelmäßige Überprüfungen der RLT und der Innenraumluft nötig.

Gesetzliche Regelungen
Betriebstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, müssen entsprechend der VO (EG) Nr. 852/2004 Art. 4 i.V.m. Anhang II Kapitel I Nr. 2b) so angelegt, gebaut, gelegen und bemessen sein, dass unter anderem unerwünschte Schimmelbildung auf Oberflächen vermieden wird. Zudem müssen Lebensmittelunternehmen, die in der Primärproduktion tätig sind, eine ausreichende und angemessene natürliche oder künstliche Belüftung gewährleisten. Künstlich erzeugte Luftströmungen aus einem kontaminierten in einen reinen Bereich sind zu vermeiden. Die Lüftungssysteme müssen so installiert sein, dass Filter und andere Teile, die gereinigt oder ausgetauscht werden müssen, leicht zugänglich sind (VO (EG) Nr. 852/2004 Art. 4 i.V.m. Anhang I Kapitel I Nr. 5.). In der Richtlinie VDI 6022 werden klare Vorgaben für die Hygiene von RLT festgelegt, deren Umsetzung laut § 4 des Arbeitsschutzgesetzes für Betreiber gesetzlich verpflichtend ist. Bei Untersuchungen bzw. Probenahmen vor Ort gilt es zwischen Hygienekontrollen und Hygieneinspektionen zu unterscheiden.

Die VDI 6022 gilt für alle RLT in gewerblich genutzten Gebäuden, in denen sich Personen mehr als 30 Tage pro Jahr oder regelmäßig länger als zwei Stunden aufhalten. Dazu zählen beispielsweise:

  • Bürogebäude
  • Schulen und Kindergärten
  • Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen
  • Industrieanlagen
  • Sportstätten
  • Versammlungsräume

Hygienekontrollen sind weniger umfangreich als Inspektionen, müssen allerdings regelmäßig durchgeführt werden. So können mögliche Hygienemängel frühzeitig erkannt werden. Sachverständige mit Schulungsnachweis VDI Kategorie B dürfen diese Kontrollen durchführen. Die Häufigkeit richtet sich nach der Checkliste VDI 6022 Blatt 1 Tabelle 8.

Zur Hygienekontrolle gehören:

  • Regelmäßige Sichtprüfung der Anlagenteile auf Verschmutzung, Korrosion und Defekte
  • Regelmäßige Überprüfung des Filterdrucks zur Funktionskontrolle
  • Zweiwöchige Kontrolle des Kondensatwassers auf Keime mittels DipSlides.

Ein kritischer Befund liegt vor, wenn wiederholt mehr als 1.000 KBE/ml nachgewiesen werden. Bei Überschreitungen des Grenzwerts sind Probenahmen des Wassers nötig, die Analyse des Wassers erfolgt im Labor. Umfassende Hygieneinspektionen Neben den regelmäßigen Kontrollen sind alle zwei bis drei Jahre umfangreichere Hygieneinspektionen vorgeschrieben, die nur von nach VDI 6022 Kategorie A geschultem Fachpersonal durchgeführt werden dürfen:

  • alle drei Jahre: Anlagen ohne Befeuchter und ohne erdverlegte Komponenten
  • alle zwei Jahre: Anlagen mit Befeuchter und/oder erdverlegten Komponenten
  • jährlich oder in kürzeren Abständen: Anlagen in sensiblen Bereichen, z.B. Krankenhäusern

Erforderliche Untersuchungen:

  • Probenahmen mittels Abklatschplatten: alle hygienerelevanten Bauteile, Bestimmung der Gesamtkeimzahl und der Anzahl der Schimmelpilze
  • Luftkeimmessung: Bestimmung der Luftkeimzahl am letzten Lüftungsauslass zur Überprüfung des gesamten Lüftungssystems
  • Messung der Luftkeimzahl in der Außenluft: zur Beurteilung der in den Innenräumen ermittelten Ergebnisse

Werden mikrobiologische Grenzwerte überschritten, sind unverzügliche Reinigungsmaßnahmen erforderlich und eine erneute Kontrolle durchzuführen.

Insbesondere sind Schimmelpilze (Sporen) der Gattungen Aspergillus, Alternaria, Cladosporium und Penicillium von Bedeutung. Bei den Bakterien sind Pseudomonas aeruginosa, ein typischer Wasserkeim und Legionella pneumophila besonders zu berücksichtigen.

Luftkeimuntersuchungen
Die Anzahl von Keimen in der Luft kann mittels Sedimentations- oder Impaktionsverfahren ermittelt werden. Beim Sedimentationsverfahren werden Platten mit festem Nährmedium in der Produktionsstätte für einen bestimmten Zeitraum offen aufgestellt, danach inkubiert und ausgewertet. Eine quantitative Aussage über die Keimzahl pro Luftmenge ist damit jedoch nicht möglich. Die Aussagekraft der Ergebnisse ist empirisch zu betrachten.

Quantitative Bestimmungen von Luftkeimzahlen sind mittels Luftkeimsammelgeräten möglich. Mittels dieser Geräte kann eine definierte Luftmenge, beispielsweise 100 Liter, über Agarplatten mit festem Nährmedium geleitet werden. Die Agarplatten werden anschließend bebrütet und ausgewertet. Die ermittelte Anzahl von Keimen wird in KBE/m³ angegeben.

Luftkeimbelastungen aus Sicht der Betriebshygiene
Die mikrobiologische Untersuchung der Luft ist aus Sicht vieler QS-Verantwortlicher einmal jährlich empfehlenswert. Viele Unternehmen lassen die Luftkeimmessung vor und während der Produktion durchführen, um die Belastung für Produkte und Personal abschätzen zu können. Die Vergleichsmessung der Außenluft muss immer erfolgen. Nur so können Auffälligkeiten der beprobten Räume im Verhältnis zur Außenluft beurteilt werden.

Im Lebensmittel produzierenden Betrieb werden erfahrungsgemäß Messungen erst dann durchgeführt, wenn beispielsweise Schimmelpilze bei den hergestellten Produkten festgestellt wurden. Schimmelpilze können mit Ihren massenhaft gebildeten Sporen mühelos auf geeignete Oberfläche von unterschiedlichsten Lebensmitteln bzw. in die entsprechenden Ausgangsstoffe gelangen. Prinzipiell können fast alle Lebensmittel, sowohl trockene als auch feuchte, durch Schimmelpilze befallen werden. Schimmelpilzsporen sind als natürlich vorkommender Bestandteil der Außenluft nicht generell gesundheitsschädlich. Täglich wiederkehrend über Monate, Jahre oder Jahrzehnte eingeatmete Schimmelsporen können allerdings gesundheitliche Probleme bei Menschen verursachen. Bei einer erhöhten Sporenzahl in Innenräumen ist die Ursache zu ermitteln.

Der Leitfaden des Umweltbundesamtes (UBA) Stand April 2024 „Zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“, gilt zwar nicht für Großküchen, Gastronomie und Lebensmittelbetriebe, ist aber für die Beurteilung bei Problemen mit Schimmelpilzen in der Raumluft dennoch sehr gut geeignet. Dort sind auch die Nutzungsklassen von Räumen beschrieben.

Zurzeit existieren weder in Deutschland noch international gültige Höchst- oder Grenzwerte für Schimmelpilze in der Raumluft. Darüber hinaus variieren die veröffentlichten Werte von Land zu Land.

Der Ergebnisvergleich der Konzentrationen von Schimmelpilzen in der Innenraumluft mit den Außenluftwerten ist zur Risikobeurteilung ebenso unerlässlich wie die Identifikation der Gattungen und Arten der Schimmelpilze, die nur von Experten in spezialisierten und akkreditierten mikrobiologischen Laboren durchgeführt wird. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, heißt es so schön. Sind die mikrobiologischen Anforderungen an RLT erfüllt und die Qualität der Innenraumluft nicht zu beanstanden, so sind der Befall von Lebensmitteln und gesundheitliche Auswirkungen auf Menschen durch luftgetragene Mikroorganismen nicht zu erwarten.

Kontakt:
LADR Zentrallabor MVZ
Dr. Kramer & Kollegen, Geesthacht
LADR Biofocus
Lebensmittel I Wasser und Umwelt I Hygiene
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Ausgabe Mai/Juni 2025 „Der Lebensmittelbrief/ernährung aktuell”